Der Flüchtling

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Ein Kinderbuch für Erwachsene, inspiriert von dem Grüffelo. 

Der Nazi ging in der Stadt umher.
Das sah ein Hipster und freute sich sehr.
„Hey, kleiner Nazi, wozu denn die Eile?
Komm mit ins Café, wir plaudern ne Weile.“
„Sehr nett von dir, Hipster, ich sag leider nein,
denn zu Mittag, da muss ich beim Flüchtling sein.“

„Beim Flüchtling? Sag, was ist das für ein Mensch?
„Den kennst du nicht? Hier beschreib ich in dir:
Er hat schreckliche Haare und schreckliche Klauen
und schreckliche Zähne, um Menschen zu kauen.“

„Oh, wo triffst du ihn denn?“
„Gleich dort unten beim Stein.
Und Hipster zu Mittag, das fände er fein.“
„Oh nein“, rief der Hipster und sagte ade.
Flugs sprang er auch schon ins nächste Cafe.

„Wie dumm von dem Hipster. Er fürchtet sich sehr. Dabei gibt´s doch dank mir bald den Flüchtling nicht mehr.“

Der Nazi ging weiter in der Stadt umher.
Das sah eine Mutter und freute sich sehr.
„Hey, kleiner Nazi! Mach doch mal Pause.
Mein Kind ist im Hort und keiner zu Hause.“
„Morgen können wir uns gern wieder sehn,
doch jetzt muss ich weiter zum Flüchtling gehn.“

„Zum Flüchtling? Sag, was ist das für ein Mensch?
„Den kennst du nicht? Hier beschreib ich in dir:
Er hat knotige Knie und Hände tiefschwarze,
und vorn im Gesicht eine bedrohliche Warze.“

„Oh, wo triffst du ihn denn?“
„Gleich dort unten am Fluß.
Und gern isst er Kinder mit Zuckerguss!
„Gezuckerte Kinder? Ich muss schnell zum Hort.“
Ein flüchtiger Luftkuss und schon war sie fort.

„Wie dumm von der Mutter. Sie fürchtet sich sehr.
Dabei gibt´s doch dank mir bald den Flüchtling nicht mehr.“

Der Nazi ging weiter in der Stadt umher.
Das sah ein Schlipsmann und freute sich sehr.
„Hey kleiner Nazi, komm mit in mein Boot,
ich mach dir ein voll starkes Angebot.“
„Wie lieb von dir, Schlipsmann, ich danke dir schön,
doch ich hab ´nen Termin, den Flüchtling zu sehn.“

„Den Flüchtling? Sag, was ist das für ein Mensch?“
„Den kennst du nicht? Hier beschreib ich ihn dir:
Er hat grimmige Augen, ein ganz fieses Lachen,
klaut dir Geld aus der Tasche, um Geschäfte zu machen.“

„Oh, wo triffst du ihn denn?“
„Gleich hier unten am See.
Und am liebsten verzehrt er Schlipsmannpüree.“
„Schlipsmannpüree – ähm, ich glaub, ich muss weiter
da hinten steht schon die Karriereleiter.“

„Wie dumm von dem Schlipsmann. Er fürchtet sich sehr.
Dabei gibt´s doch dank mir bald den Flüchtling nicht mehr.“

Und da ist nun der Flüchtling, mit schrecklichen Klauen und schrecklichen Zähnen, kann kaum mehr kauen. Mit zittrigen Knien und Hände, ganz wund,
und ne blaurote Nase über dem Mund. Mit müden Augen, einem noch müderem Lachen, mit nichts in der Tasche, um sich Essen zu machen.

„Oh Schreck, oh Graus, ich fürchte mich sehr.
„Werd ich jetzt zum Gutmensch, gibt’s keinen Nazi hier mehr.“

Der Flüchtling sprach, „Bitte, helfe mir doch.
Im meinem Magen klafft ein Riesenloch.“
Da sprach der Nazi, „Hau lieber ab,
du bist hier gefürchtet, landauf, landab.
Geh hinter mir her, dann zeig ich es dir.
Alle Menschen im Land haben Angst vor dir.“
Der Flüchtling konnte nur müde lachen
und sagte geschafft, „Komm, lass uns das machen.“

Sie gingen ne Weile, da merkte er was:
„Ich höre ein Zischen, da vorne im Gras.“

Sie sahen den Schlipsmann und sagten „hallo“,
doch der schaute nur auf den Flüchtling und so,
„Leb wohl, kleiner Nazi, ich geh jetzt nach Haus.“
Mit dem Headset am Ohr nahm er schnell Reißaus.
„Na“, sprach der Nazi, „was sage ich dir?“
Der Flüchtling sprach: „Erstaunlich hier.“

Eine Weile, dann hielt er wieder ein:
„Mir war, als hörte ich jemand schrein.“
„Bestimmt nur die Mutter. Oh, Mutter, hallo?“
Doch die schaute nur auf den Flüchtling und so:
„Leb wohl, kleiner Nazi“, rief sie im Schreck,
schnappte ihr Kind und schon war sie weg.
„Na“, sprach der Nazi, „was sage ich dir?“
Der Flüchtling sprach: „Verblüffend hier.“

Eine Weile, dann blieb er wieder stehn.
„Da vorn auf dem Pfad, da muss jemand gehn.“
Sie sahen den Hipster und sagten „Hallo“,
doch der schaute nur auf den Flüchtling und so:
„Zu Hilfe!“, rief er und, „kleiner Nazi, ade!“
Dann sprang er zurück in den Schutz vom Cafe.

„Tja“, sprach da der Nazi, „was sagte ich dir:
Alle Menschen im Land haben Angst vor dir.
Und jetzt verschwinde, mir knurrt schon der Magen.
„Flüchtlingsfilet könnt ich heut gut vertragen.“

„Flüchtlingsfilet! Oh god, Oh no.“
Ein letzter Blick auf den Nazi
und der Flüchtling, der floh.

Im Land, da hörte man niemand mehr.
Der Nazi regierte und freute sich sehr.

Wenn du diese Geschichte verhindern willst, kannst du jetzt etwas unternehmen. Du kannst für Organisationen spenden, die etwas gegen Rassismus tun. Oder für Organisation spenden, die etwas für Flüchtlinge tun. Und du kannst einfach versuchen, selbst wieder ein bisschen mehr Mensch zu sein, indem du anderen Menschen ungeachtet ihrer Herkunft oder ethnischen Zugehörigkeit furchtlos und unvoreingenommen, mit Respekt und Mitgefühl begegnest. Es ist ganz leicht. Geh aus dem Haus und probier es gleich mal aus.