Zimmer 5 auf Station 1 in der Wolfartklinik am 12.10.2019 um 10:21 Uhr
Sitze im Bett und tippe diese Worte ins Handy. Mein Bettnachbar, der Rainer, wäscht sich grad ausgiebig die Hände, weil weißt, im Krankenhaus musst echt aufpassen, was du anfasst, sagt er. Das gilt wohl auch fürs Leben. Vielleicht achtet er deshalb so auf Sauberkeit, weil er sich schon oft die Hände schmutzig gemacht und die Finger verbrannt hat als pensionierter Lastwagenfahrer und gebeutelter Scheidungmann, der sich selbst mit seinen 60 gerade am Ende des Herbstes sieht, auch, weil der frühe, mittlere und letzte Winter noch vor ihm stehen. Ich sage zu ihm, wer weiß, vielleicht erlebst ja auch nochmal einen Frühling. Da muss er richtig hart lachen, was mir richtig harte Schmerzen verursacht, weil ich wegen seiner Lache auch heftig lache, und das sollte man nicht unbedingt so unmittelbar nach einer Leisten-OP. Wird schwer die nächsten Tage, ernsthaft durchs Leben zu gehen, für mich ist das wie ein Schlittschuhlauf über dünnes Eis, wie bester Mobilfunkempfang in einem bayerischen Dorf nah an den Alpen, klappt in den seltensten Fällen. Aber solange ich mir dabei immer schön ausgiebig die Hände wasche, werd ich das schon irgendwie sauber überstehen.