Für ein Babylachen hätt ich noch Zeit

„Willst du wirklich einem kleinen, süßen Wesen zumuten, sein Geld mit Werbung verdienen zu müssen?“, fragte mich heute ein Kollege. Auf dem Klo irgendwo, so in der Mitte zwischen Pissoir und Spülbecken. Ich wusste wirklich nicht, wie wir auf das Thema kamen. Vielleicht, weil wir uns fragten, was wir neben urinieren und es den ganzen Tag baumeln lassen, noch so alles mit unserem Ding machen könnten. Ich dachte: Ist unsere Welt echt so schlimm, wenn ja, was mache ich hier und überhaupt, will ich eigentlich Papa werden?

Manche sagen, dazu bin ich noch zu unreif. Weil nämlich niemand Kinder haben sollte, der selbst noch ein Kind ist, das Leben als Spaß sieht und sich gelegentlich mit Salat belegte Sandwiches [1] rein pfeift, die ihn dann zum Süßigkeiten essen und unkontrolliert vor sich hin sabbern veranlassen. Bei dem Gedanken fing ich an zu Sabbern.

Manche sagen, so ein Kind kostet ja auch eine Menge Geld. 180.000 Euro bis zum 18. Lebensjahr. Und frage nicht, wie viel, wenn du ihm einen Dolce & Gabbana Strampelanzug, Windeln von Gucci und Wundpuder von Chanel gönnen möchtest. Ich hatte nicht mal Boxershorts von Calvin Klein. Wie sollte ich mir da ein Kind leisten? Noch dazu bei einer 3-Tage-Woche und immer wieder auftretender motivationaler Schieflage. Ich Tagedieb und Tunichtgut. Das hast du jetzt von deinem kack Literaturstudium, du Honk [2], hörte ich die anklagenden Worte meines Über-Ichs. Verdammt, wo war der nächste Sandwich-Laden?

Manche sagen, wozu denn ein Kind heutzutage? Das Leben ist doch so wunderbar atemberaubend fantastisch super erfüllt mit Allem. Vor allem mit Arbeit und Karriere machen. Da hat man wirklich keine Zeit für Babylachen und andere Sachen, die glücklich machen. Da hatten es unsere Eltern doch wirklich um Einiges leichter. Auf der ganzen Welt floss noch Milch und Honig, jeder Haushalt hatte einen Flatscreen, eine Flatrate und das Beste, musste keine GEZ-Gebühren [3][4] zahlen – damals, als sie uns machten. Ich bin froh, dass sie es taten.

Es ist schön, hier zu sein. Und wenn ich schon mal da bin, gehört es irgendwie auch dazu, Papa zu werden. Ich meine, nicht unbedingt jetzt, nicht unbedingt gleich und wer weiß, vielleicht wird das auch nicht unbedingt irgendwann einmal was. Manche Dinge entscheiden ich und mein Ding nun mal auch nicht allein. Manche aber schon. So entscheide ich mich jetzt schon unterbewusst im Es und so geistig neuronal im Lendenbereich bewusst für das Gefühl, einem kleinen, süßen Wesen das Leben zumuten zu wollen. Und bevor ich mir jetzt die Hände wasche und zurück zum Schreibtisch gehe, hoffe ich doch sehr, dass es dann sein Geld nicht mit Werbung verdienen muss.


[1] Sandwich dient hier nur als Platzhalter. Ich verweise auf die erfolgreiche US-Sitcom „How i met your mother“.

[2] Ich entschuldige mich bei allen Honks für die abwertende Nutzung ihres Namens.

[3] Dies ist eine Falschaussage, getroffen zur Dramatisierung des Satzes. Es mussten schon immer, sogar zu Zeiten des römischen Imperiums Rundfunkgebühren gezahlt werden. Und es gab schon damals Schwarzseher, die als Strafe im Kolosseum den Löwen zum Fraß vorgeworfen wurden.

[4] Oder auch nicht. Historisch belegt ist, dass es damals keine Flatscreens gab und nur in die Röhre gekuckt wurde.

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